What’s your Kink? | #TheOtherSide

Mädchen mit Spike-Halsband und Ketten, Sexy BDSM-Style
BDSM Style | Photo by Artem Labunsky, Unsplash

Habt Ihr euch schonmal gefragt welche Kinks es gibt? Ob ihr vielleicht selbst einen habt? Heute geht es um die Grundtypen in der BDSM/Kinky Community. In den letzten Artikeln habt ihr schon Bezeichnungen wie ‚Dom‘ oder ‚Rigger‘ kennengelernt. Um euer Bild zu vervollständigen, erhaltet Ihr heute eine Übersicht, die euch die wichtigsten Grundtypen erklärt. Für die Neugierigen unter euch, gibt es am Ende einen Link zu einem anmeldefreien Selbsttest.

Bis in den 80er und 90er Jahre war SM (Sadomasochismus) die Überkategorie der Szene, in der sich fast alle wohlgefühlt haben. Die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft rollte aber schließlich auch über die Kinkster hinweg. So wurde aus SM schnell BDSM mit seinen drei Bedeutungen:

  • Bondage & Discipline: Eine überwiegend physische Interpretation. Das Spiel besteht hier aus Seilen, Fesseln und physischer Bestrafung (Spanking, Peitschen usw.)
  • Dominance & Submission: In diesem Teilaspekt geht es um Macht. Wer hat die Kontrolle? Wer ist dominant, wer unterwürfig? Von Rollenspiel und Dienern bis Sklaven.
  • Sadism & Masochism: Die Kategorie in drei Worten: Schmerz, Angst und Erniedrigung.

Heute kann man Kinky als Überbegriff verstehen, da sich niemand ausgeschlossen fühlt. Kinky bedeutet einfach ausgefallen, verrückt, verdreht. Es ist egal, ob man einen Fetisch hat, einen Aspekt des BDSM praktiziert oder what ever. Innerhalb der Szene gibt es aber einen Trend zum Aufdröseln in immer feinere Subkategorien.

Die wichtigsten Grundtypen des BDSM

Dom & Sub

Dom, bzw. Domina kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Hausherr bzw. Hausherrin. Sie haben die Hosen an: Wer dominant ist, entscheidet was gemacht wird. Dabei ist Dominanz von der Rolle im Spiel zu trennen. Während einer Scene lassen sich die Teilnehmer meist in die Kategorien Top und einen Bottom einteilen. Häufig nehmen Doms eine Top-Rolle ein, das muss aber nicht der Fall sein.

Tops bestrafen, fesseln etc. – der Dom auf der anderen Seite bestimmt, was gemacht wird. Es kann durchaus sein, dass er ausgepeitscht werden möchte. Die Bestrafung nimmt ihm weder Dominanz noch Kontrolle. Das Gegenstück zu den Tops sind die Bottoms. Sie werden erniedrigt, gefesselt oder bestraft. Ob man Top, Bottom oder beides ist, hängt von der eignen Neigung ab. Die beiden Kategorien helfen potenziellen Spielpartnern bei der Orientierung.

Wie sich ein Dom außerhalb des Spiels verhält, kann man nicht sagen. Es gibt den Stereotypen des Doms, der sein ganzes Leben unter Kontrolle hat. Auf der anderen Seite gibt es auch das Klischee des Top-Managers, der sich als Submissiv von der Domina herumkommandieren lässt. Unterm Strich bleiben Klischees eben das was sie sind: Klischees.

Submissives geben die Kontrolle an ihren Partner ab. Einige unterwerfen sich ihren Partnern ohne Wiederspruch – andere wollen, dass ihnen die Kontrolle entrissen wird. Die Extremformen dieses Typs sind Sklaven und Brats. Während Sklaven ihr Leben aus sich heraus ihrem Meister unterordnen, wehren sich Brats gegen den Kontrollverlust. Genau wie bei Doms, geht es hier um die Entscheidungsgewalt über das Spiel und nicht die Rolle im Spiel: Ein Submissive muss also auch manchmal die Peitsche in die Hand nehmen.

Sadisten & Masochisten

Sadisten sind einfach gestrickt: wenn der andere leidet, geht es ihm gut – der Schmerz bringt ihnen Befriedigung. Wie genau der Schmerz aussieht und ob es sie sexuell erregt oder auf andere Weise befriedigt, liegt ganz bei Ihnen.

Der Begriff Sadismus leitet sich vom Marquis de Sade ab, welcher in seinen Büchern Gewaltfantasien mit sexuellen Inhalten mischte. Seine Romane schrieb der Marquise im passenden Ambiente – er verbrachte Jahrzehnte in Gefängnissen und Sanatorien. Der Begriff selbst wurde Ende des 19. Jahrhunderts durch den deutschen Psychiater Richard von Krafft-Ebing geprägt. Der selbige definierte auch den Begriff Masochismus, welcher sich vom österreichischen Schriftsteller Leopold von Sacher-Masoch ableitet. Von Sacher-Masoch thematisierte in seinen Romanen immer wieder Unterwerfungsphantasien gegenüber Frauen.

Masochisten sehnen sich nach Leid. Dabei geht es nicht um Schmerztoleranz, sondern um die Eigenschaft, Schmerz als luststeigernd zu empfinden. In der Regel gibt es hier einen sexuellen Kontext – dieser ist jedoch nicht zwingend.

Rigger & Rope Bunny

Rigger lieben es ihre Partner zu fesseln und zu fixieren. Die Grundmotivation ist meistens Kontrolle und das Gefühl über den anderen bestimmen zu können. Ihr gefesseltes Gegenüber ist ihnen ausgeliefert – selbstredend alles einvernehmlich. Der Begriff selbst stammt aus dem Bühnenbau oder vom Schiffs-Takelwerk. Wie der Wortursprung vermuten lässt, sind Rigger von Haus aus Experten für Seile. Das ist in der BDSM-Scene auch nicht anders. Auch wenn der Fokus häufig auf Bondage oder Shibari liegt, gehören Handschellen, Andreaskreuze, Monohandschuhe und Spreader-Bars ebenfalls zu ihrem Repertoire.

Die Bezeichnung Rope Bunny lässt einen sofort an eine zierliche objektifizierte Frau denken. Trotz seiner Verbreitung steht der Begriff auch innerhalb der Szene in der Kritik, da er offensichtlich sexistisch ist und keine männliche Form zulässt. Matthias Grimme, ein Urgestein der Szene, spricht daher lieber von Komplizen und Partnern. Alternativ wird auch der Begriff Modell verwendet. Das Modell lässt sich im Spiel vom Rigger fesseln – viele mögen das Abgeben der Kontrolle oder auch die damit verbundene Wärme. Einige erleben in dieser Rolle auch den Subspace, einen tranceähnlichen Zustand. Sie genießen es vollkommen ihrem Partner ausgeliefert zu sein.

Neben den Aspekten Kontrolle und Sex wird auch künstlerisch gefesselt. Insbesondere das Shibari, als japanische Tradition des erotischen Fesselns, hat überwiegend artistische Motive. Das Modell wird hier zur Kunstfigur und das Paar erzählt so eine bzw. seine Geschichte. Viele Rigger und Modelle fesseln aber auch einfach nur aus Spaß.

Switch

Wer switch ist, wechselt gerne zwischen den Rollen Dominant und Submissiv, Aktiv und Passiv, Top und Bottom. Die Rolle des Switch kann partner-, situations- oder zeitabhängig sein. In jedem Fall lassen sie sich nicht einfach in eine Kategorie einordnen.

Speziellere Kategorien

Die meisten anderen Kategorien beziehen sich eher auf bestimmte Spielformen oder sind Abwandlungen der Grundkategorien. Ein Beispiel hierfür ist Pet-Play. Dabei übernimmt der dominante Part quasi die Rolle des „Tierhalters“ und damit die Kontrolle über sein Haustier. Pet-Play ist dabei nicht zwingend sexueller Natur.

Das menschliche Pendant dieses Unterordnungsszenarios sind Master und Mistress mit ihren dazugehörigen Sklaven. Wo Pet-Play häufig zeitlich beschränkt ist, sind Herr*in-Sklaven-Verhältnisse öfter 24/7 Beziehungen. Meistens gibt es verhandelte Ausnahmen für den Job oder freie Zeitfenster für normale soziale Interaktion.

Der Sklave gibt jede Kontrolle über sein Leben an seinen Herren ab. Was sich im ersten Moment sehr unausgeglichen anhört, kann in der Praxis durchaus sehr stabil sein. Beide Partner haben eine klar definierte Rolle mit Pflichten und Rechten. Die Hauptverantwortung der Meister*innen liegt darin, ein stabiles und sicheres Umfeld für ihre Sklaven bereitzustellen und sich um sie zu kümmern. Diese Beziehung ist eine Extremform der Dom-Sub-beziehung.

Am anderen Endedes Dominanzspektrums stehen Brats und ihre Brat Tamer. Brat ist englisch für „bockiges Kind“. Der Begriff beschreibt auch ungehorsame Subs, denen der Brat Tamer aktiv die Kontrolle entreißen muss. Daneben gibt es noch Ageplay, Momy/Daddy Fantasien, Exhibitionisten und Voyeure, Polyamorie, Experimentierfreudige und viele mehr.

Die wichtigste Kategorie

Mit Abstand die wichtigste Kategorie sind die Vanillas. Die meisten Menschen fallen unter diesen Begriff – und das ist gut so. Vanillas bevorzugen klassischen, romantischen Sex und die etablierten Beziehungsmodelle und Rollenbilder. Dieses ‚normale‘ Verhalten innerhalb einer Beziehung hat sich nicht ohne Grund durchgesetzt. Das Wichtigste ist, dass man glücklich mit seiner Sexualität ist. Ohne sie gäbe es kein BDSM.

Auch bei aller Toleranz, ist es vielleicht gar nicht so schlecht eine Gesellschaft zu haben, die Grenzen setzt. Denn ohne Grenzen keine Reflektion und Reibung. Und ohne Reibung keine Hitze.

Falls Ihr euch jemals selbst gefragt habt, ob ihr einen Kink habt oder einfach neugierig seid, könnt ihr unter bdsmtest.org den Selbstversuch wagen. Der Fragebogen ist anonym, es gibt eine detaillierte Langversion und eine kurze Fassung für Ungeduldige. Vielleicht lernt Ihr ja so die ein oder andere versteckte Fantasie von euch kennen und könnt sie am kommenden Wochenende ausleben 😉


TheOtherSide – Die Kolumne für Sex, Liebe, Leidenschaft erscheint für euch zehn Wochen, immer donnerstags. Letzte Woche interviewte ich im fünften Teil der Serie Matthias Grimme, Herausgeber von Schlagzeilen und deutschlands bedeutendster Shibari-Artist. Nächsten Donnerstag erfahrt Ihr welchen Einfluss Smartphones auf unser Beziehungsleben haben.