Walk-Through: Bodensee Business Forum

Christian Wulff im Fokus der Aufmerksamkeit. Foto: Constantin Ehret

Am vergangenen Freitag wurde der ZF-Campus am Fallenbrunnen zu einem Hochsicherheitstrakt. Das zum ersten Mal stattfindende Bodensee Business forum lockte Prominente und Gäste an die Uni von beiden allerdings eher wenige. Bei aller Kritik hat sich Felix entschieden, noch einmal einen inhaltlichen Blick zurück auf die Veranstaltung zu wagen. Ein Erfahrungsbericht als Diskussionsanstoß und für alle, die nicht dabei waren.

Man musste ja schon großes erwarten, als vor knapp vier Wochen das erste Mal ein Link zur Webseite des Bodensee Business Forums in die universitäre Facebookgruppe gepostet wurde.

Hamid Kazai wurde da zum Beispiel angekündigt, der ehemalige afghanische Präsident, der durch diverse Verwicklungen in seiner Vergangenheit zur Taliban aber auch zur CIA sicherlich ein interessanter Gesprächsgast gewesen wäre. Oder Jürgen Rüttgers, Werner Faymann und natürlich – extra für die ganzen Teenager an der Universität ausgewählt – die Lochis.

Aber keiner der eben genannten erschien tatsächlich beim Bodensee Business Forum am 03.02.2017 an der Zeppelin Universität. Damit dieser Erfahrungsbericht jedoch nicht gleich eine so fade, langweilige Note bekommt, beginne ich bei den Vorträgen von unserem Stadtrat und unserem Oberbürgermeister über die Bodensee-Region…nein, natürlich nicht.

Die ersten Lacher des BBF hatte Thomas Strobl mit seinem Thema Digitalisierung. Er verglich anfänglich Digitalisierung mit Industrialisierung; Schnecke mit Lichtstrahl. Welch eine Metapher für Studenten, für die allesamt das Internet kein Neuland mehr sein sollte. Die Rede wirkte etwas an der Zielgruppe vorbei konzeptioniert.

Strobl glänzte ansonsten mit patriotischen Floskeln “Die beschden Autos der Welt kommen aus Baden-Württemberg”. Damit kann man in Friedrichshafen sicher immer punkten.

Über pilotiertes Fahren philosophierte er, dass wir in Deutschland zwar sehr wohl die erste Halbzeit verpasst hätten, er jedoch des Öfteren Testfahrten mit deutschen autonomen Autos macht und diese ihn sehr überzeugten. Die Zukunft liege im autonomen Fahren, daran könne man nichts mehr ändern. Ein zwei Gläschen Bodenseewein mehr am Abend und trotzdem Autofahren – mit dieser revolutionären Technik schon heute Realität.

Zu den rechtlichen Grundlagen verlor er kein Wort, wer bei einem Unfall haftet auch nicht.

Die weiteren Punkte seiner Rede sind schnell zusammengefasst: schnelleres Internet überall zugänglich machen (Vorbild Südkorea), keine Funklöcher mehr (“Wenn ein Japaner auf Geschäftsreise in Deutschland ist und kein Netz hat, der baut ja das ganze Handy auseinander, weil er es nicht glauben kann”), Digitalisierung einfach machen.

Mit wenig Wissen und viel Anekdoten rettete sich Strobl recht souverän über die 30 Minuten Redezeit.

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Anschließend kam Gregor Gysi, und nein, ich möchte nicht, wie so viele andere schreiben, dass er in Wirklichkeit so viel kleiner ist…

Im Programmheft stand Gregor Gysis “Zwischenruf” zum Thema “Die Linke und der Wirtschaftsstandort Deutschland”. Er selbst sagte, er hätte fünf Minuten zuvor erst sein Thema erhalten und faltete sein Skript auf. Das was folgte war beste Unterhaltung und könnte die Überschrift tragen “Was Gregor Gysi gerade Sorgen bereitet”.

Obligatorisch war da natürlich der neue US-Präsident. Trump könne nur einen wirklich großen Fehler machen und der sei, sich mit China, dem größten Kreditgeber der USA anzulegen und Taiwan anzuerkennen. Die Chinesen verstünden bei Territorialfragen keinen Spaß und würden in diesem Fall auch militärisch eingreifen.

Thema EU: Wir können nicht auch noch Frankreich und Italien retten, deshalb sollte über einen Schuldenschnitt wie vor 60 Jahren nachgedacht werden um die EU “neu zu starten”. Wir Studenten sollen für Europa viel mehr kämpfen, da wir es vor allem sind, die von Europa profitieren. Kurzum schoss Gysi gegen alles, was ihm nicht passt, war präzise in der Analyse, wie immer rhetorisch stark und nach seiner Rede auch schnell wieder aus dem Saal verschwunden.

Auf ihn folgte Elmar Brok, zu dem ich mir nur notiert habe, Europa sei mehr, als die Summe aller Teile…

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Der vermeintliche Höhepunkt wurde dann bei der Rede von unseren Bundespräsidenten a.D. Christian Wulff erreicht. Er präsentierte eine Aufrüttelrede an die Jugend, in der er nochmals seine Position bekräftigte, dass der Islam zu Deutschland gehöre.

Auch Wulff betonte wie wichtig es sei für Europa zu kämpfen, um wieder Solidarität zu erreichen. Man merkt, dass er sich nach seiner Amtszeit wesentlich offener und kritischer zeigt und sich das auch in dem direkten Feedback widerspiegelt.

Wulff erzählte in einem der Workshops über seine Engagements im Nahen Osten. In Bezug auf Katar betonte er die qualifizierten Katari, welche Flughäfen in Windeseile bauten.

Ich glaube, er macht diese Reisen, um noch nach seiner Amtszeit etwas zu bewegen. Ohne die Öffentlichkeit, ohne die Medien, auf die er nach wie vor nicht gut zu sprechen ist. Man könnte sagen er betreibt Lobbyismus, wenn er im Auftrag des deutschen Mittelstandes durch die Welt fliegt. Ich glaube aber auch, dass ihn Leidenschaft antreibt, er ist ja noch jung, wie er selbst sagt.

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Das BBF vereinte neben den erwähnten Politkern noch weit mehr große Persönlichkeiten. Sabine Leutheuser-Schnarrenberger, Franz Müntefering, Boris Tadic, Detlev Jöcker (er macht Kinderlieder).

Den Abschlussappell lieferte Autor Franz Alt. Er erklärte mit alarmierenden Zahlen wie sehr die Menschen die Umwelt zerstören, zeigte aber auch Lösungswege auf, wie wir mit erneuerbaren Energien und umweltfreundlicherem Lebensstil die Umwelt schützen können. Natürlich sollten wir das alle schon davor gewusst haben. Doch eine solche Ballung von erschreckenden Fakten rüttelt vielleicht den einen oder anderen nochmal auf und lässt ihn über sein Handeln nachdenken.

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Wie lässt sich das erste Bodensee Business Forum zusammenfassen?

Es war eine illustre Runde, die sich am Fallenbrunnen versammelt hatte. Die ZU und Friedrichshafen konnten durch die Medienpräsenz von der Veranstaltung hoffentlich profitieren. Ob der Veranstalter ähnlich gutes Feedback erhält, bleibt abzuwarten. Die Veranstaltung war nicht gut besucht, es gab ein Organisationschaos und man munkelt der Veranstalter sei fast pleite. Wären nicht einen Tag vor der Veranstaltung 120 Freikarten an ZU-Studenten vergeben worden, wäre es eine trostlose und viel zu teuer bezahlte Veranstaltung geworden.

So allerdings konnten vor allem die Studenten das Forum nutzen – Für Fragen, Gespräche und Networking.