Gender Equality – 7 Dinge, die wir uns von Schweden abgucken können

https://probonoaustralia.com.au/news/2017/07/eight-strategies-improving-gender-equality-workplace/

Obwohl kein Land der Welt bisher eine vollständige Gleichberechtigung der Geschlechter erreicht hat, stechen Schweden und die nordischen Staaten im Allgemeinen konstant als Vorbilder im Bereich der Gender Equality hervor. Im Global Gender Gap Report des World Economic Forum von 2017 bilden Island, Norwegen, Finnland und Schweden (gemeinsam mit Ruanda als einzigem nicht-skandinavischen Land)  die Top 5 der Länder, in denen der sogenannte Gender-Gap am kleinsten ist. Aber was ist es, das den skandinavischen Vorsprung ausmacht? 

  1. Gender Mainstreaming

 

Ein maßgeblicher Erfolg der schwedischen Strategie, Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zu reduzieren, ist das Gender Mainstreaming. Gender Mainstreaming beschreibt die Inkorporation der Gender Mainstream-Ideologie in allen Bereichen und Praktiken, in denen Politik gemacht wird, also quasi das sich Hineinversetzen in eine Perspektive, die Gleichberechtigung zur Priorität macht. Im Jahr 1994 wurde das Gender Mainstreaming in Schweden erstmals als eine Regierungsvorlage eingeführt, und seither auf eine große Anzahl an Politiken und Reformen auf regionaler und nationaler Ebene angewendet.

 

  1. Der Feministische Staat

 

Geht man auf die Internetseite der schwedischen Regierung, stößt man auf die ‘six sub goals’ der feministischen Regierung in Schweden. Diese beinhalten eine gleichberechtigte Teilung von Macht und Einfluss, ökonomische Gleichberechtigung, gleiche Bildung, gleichwertige Verteilung von unbezahlter Haushaltsarbeit und Pflege, gleiche Gesundheit sowie das Ziel, die Gewalt von Männern gegen Frauen zu beenden. Diese institutionelle Entwicklung in Richtung einer Gleichstellung der Geschlechter kann mit dem Begriff des ‘Staatsfeminismus’ beschrieben werden – also eine Art ‘Feminismus von oben’.

 

  1. Starke Institutionalisierung von Gleichberechtigung

 

Generell ist Schweden durch eine starke Institutionalisierung von Gleichstellungspolitiken geprägt. Bereits im Jahr 1972 wurde die erste Gleichstellungskommision etabliert – der Beirat des Ministerpräsidenten über die Gleichstellung von Männern und Frauen, gefolgt von der Einführung eines Ministerpostens für Gleichberechtigung. Der erste Minister wurde im Jahr 1980 ernannt und nach den schwedischen Wahlen im Jahr 2006 richtete die Regierung ein neues Ministerium für Integration und Gleichstellung der Geschlechter ein, was zu mehr Budget für Gleichstellungspolitik führte. Durch die Implementierung von Frauenquoten in vielen Bereichen konnte ein Anteil von 46% weiblichen Abgeordneten im Parlament erreicht werden. Zudem hat Schweden eine eigene feministische Partei: Die feministiskt initiativ wurde 2005 gegründet und ist heute in mehreren Gemeinderäten vertreten.

 

  1. Elternzeit

 

Schweden hat weltweit die am großzügigsten ausgerichtete Elternzeitregelung mit weitreichenden Unterstützungen für Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub. Häufiger als irgendwo sonst sieht man in Stockholm tagsüber und an Werktagen Väter ihre Kinderwägen durch die Gegend schieben. Besonderer Wert wird bei der Dauer und der Bezahlung der Beurlaubung auf eine ausgeglichene Aufteilung zwischen Mann und Frau gelegt. Dies führt auch zu einer hohen Erwerbsbeteiligung von Frauen in Skandinavien.

 

  1. Doppelverdienerfamilien

 

Darüber hinaus fördert der schwedische Wohlfahrtsstaat das Modell der Doppelverdienerfamilie anstatt des geschlechtsdifferenzierten Familienmodells. Dieses Modell besagt, dass zwei erwachsene Personen die Verantwortung für eine gleichmäßige wirtschaftliche Versorgung und Kinderbetreuung teilen, wodurch die Position der Frau gestärkt wird. Eine individuelle Steuerpolitik, in der jedes Familienmitglied einzeln besteuert wird, anstatt Familien zu besteuern, führt im Umkehrschluss dazu, dass Anreize zur Erwerbstätigkeit entstehen und beide Partner mehr arbeiten.

 

  1. Angebot pränataler Kurse

 

Das zunehmende Angebot pränataler Kurse für beide Eltern in Schweden hat die Position des Mannes in einem Bereich, der früher als eine exklusiv weibliche Angelegenheit angesehen wurde, signifikant gestärkt. Laut Plantin (2001) ist das fürsorgliche Männlichkeitsideal bereits in den 1980er Jahren zum Mainstream geworden, und wurde in den darauffolgenden Jahren als maßgebende Richtlinie kontinuierlich gestärkt. Darüber hinaus haben die nordischen Länder eine Anzahl an Anti-Gewalt-Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung der Gewalt von Männern gegen Frauen eingeführt. Wie bei jeder anderen Gleichstellungspolitik führen diese jedoch nicht zu einer Eliminierung sozialer Missstände: Auch in Schweden ist die Zahl der Gewalttaten und des sexuellen Missbrauchs an Frauen noch immer hoch.

 

  1. Gesellschaftliches Bewusstsein

 

Zu guter Letzt ist es vor allem das gesellschaftliche Bewusstsein, welches durch Jahrzehnte politischer Hinarbeit geformt und gestärkt wurde und welches die skandinavischen Länder in Sachen Gleichberechtigung signifikant hervorstechen lässt. 52 Prozent der schwedischen Bevölkerung sehen sich selbst als Feministinnen oder Feministen; in Deutschland sind es gerade einmal 14 Prozent. Die meisten Männer sprechen sich Umfragewerten zu Folge unterstützend und positiv für eine gleichgestellte Gesellschaft und Politik aus. Feminismus ist in Skandinavien nicht verrufen und mit negativen Vorurteilen belastet, sondern zur akzeptierten und angestrebten gesellschaftlichen Norm geworden. Ein Aspekt mehr, an dem sich Deutschland und andere Staaten ein Beispiel nehmen können.