Body Shaming – wenn der Körper zur Zielscheibe wird

Karrikatur: Gezeichnet von Karina Reisenegger Wilson

Vielleicht haben manche den Begriff „Body Shaming“ noch nie gehört, aber vermutlich sind die meisten von uns schon einmal damit in Berührung gekommen. Wenn Menschen wegen ihres Körpers beleidigt und abgewertet werden und man sich über sie lustig macht, dann geht es um Body Shaming. Dass Menschen wegen ihres Aussehens gedemütigt oder ausgegrenzt werden, ist kein neues Phänomen. Doch durch die sozialen Medien wurde dem Body Shaming aber eine neue und größere Bühne geschaffen.

Ein Beispiel für Body Shaming im Netz ist der Post des amerikanischen „Play Mates“ Dani Mathers. Sie veröffentlichte auf ihrem Snapchat Account ein Foto von einer älteren Frau, die sich in ihrem Fitnessstudio nackt duschte. Darunter schrieb Sie: „If I can’t unsee this, you can’t.“ Das war nicht nur ein Eingriff in die persönlichen Rechte der Frau, sondern auch ein besonders krasser Fall von Body Shaming: Denn natürlich prasselte nach kürzester Zeit ein Shitstorm auf das „Play Mate“ ein. Die Frau auf dem Foto war nicht besonders dick oder sonst irgendwie auffällig. Besonders schlimm ist dieses Beispiel für Body Shaming dadurch, dass sie das Bild von sich nicht selbst veröffentlicht hatte und damit noch deutlicher in die Opferrolle gebracht wurde. Schließlich hat die Frau einfach nur geduscht und wollte dabei nicht fotografiert werden.

Bei Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen oder selbst Fotos von sich posten, scheint die Hemmschwelle, sie zum Opfer des Body Shamings zu machen, noch geringer. Als Selena Gomez und Demi Lovato ein wenig an Gewicht zunahmen, wurden sie beide auf ihren Social Media Profilen als fett beschimpft. Besonders bitter ist, dass Demi Lovato zu dieser Zeit gerade aus einer Klinik entlassen worden war, in der sie sich wegen ihrer Essstörungen hatte behandeln lassen. Auffallend ist auch, dass man es ohnehin nicht allen recht machen kann. Taylor Swift wird oft dafür kritisiert, zu dünn oder sogar magersüchtig zu sein. Dünnen Models unterstellt man, dass sie ein ungesundes Schönheitsideal vermitteln und „Plus Size Models“ wird vorgeworfen, sie seien schon ungesund dick oder nicht dick genug, um für Übergrößen zu modeln. Natürlich sind nicht nur Stars, die sich dafür entschieden haben, in der Öffentlichkeit zu stehen, betroffen. Auch ganz normale Frauen und Männer erfahren im Netz und auch im realen Leben Body Shaming. Wer zu dick ist, wird als faul und gefräßig beschimpft, wer zu dünn ist, sieht aus wie ein Skelett, ist unsexy und vermutlich essgestört.

Nun stellt sich für mich die Frage, was soll das alles? Warum schreiben Menschen gehässige Kommentare oder machen sich im echten Leben über den Körper anderer Menschen lustig?

Ich glaube, dass die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper oft eine große Rolle spielt.  Man findet sich vielleicht selbst zu dünn oder zu dick oder hat generell nur wenig Selbstbewusstsein. Wer seinen Körper nicht mag und sich deshalb selbst nicht als wertvoll wahrnimmt, versucht vielleicht, durch das Abwerten anderer das eigene Selbstbewusstsein zu stärken. Natürlich fühlt man sich dann kurz besser, wenn man andere abwerten und auslachen kann. Aber wäre es langfristig nicht klüger, wenn wir daran arbeiten, uns selbst zu akzeptieren und die anderen in Ruhe lassen?  Außerdem sind wir viel mehr, als unser Körper und unser Aussehen. Anstatt sein Selbstbewusstsein durch das Beschimpfen anderer zu verbessern, könnten wir uns kurz daran erinnern, was wir gut können. Wer mit sich selbst im Reinen ist, der muss andere nicht abwerten.

Wir versuchen alle so verzweifelt, schön zu sein und einem Ideal zu entsprechen. Dabei zeigt gerade der Fakt, das Body Shaming jeden treffen kann, dass es kein Ideal gibt. Was für Körper wir schön finden, ist zwar auch stark gesellschaftlich geprägt – immerhin sehen wir immer den gleichen Körpertyp auf Werbeplakaten und im Fernsehen – aber was uns gefällt, ist immer auch eine Frage des Geschmacks. Der eine findet besonders schlanke Menschen schön, der nächste möchte möglichst muskulös sein und manche finden ein bisschen mehr, bis sehr viel mehr Speck besonders schön. Ich glaube auch nicht, dass besonders dünne Models dazu führen, dass immer mehr Mädchen sich zu dick fühlen und abnehmen wollen. Es ist das Fehlen von Models mit anderen Köperformen, was uns vermittelt, dass nur dünne Frauen schön seien. Wir sind alle wunderschön, nicht für alle und jeden, aber für ein paar Personen auf jeden Fall. Deshalb sollten wir lieber den Menschen, die wir schön finden, Komplimente machen, anstatt die, die uns nicht gefallen, zu beleidigen. Dabei müssen wir uns auch nicht nur auf das Aussehen beschränken. Vielleicht hat die Person ja auch eine besonders angenehme Stimme, einen tollen Stil oder ist ein hervorragender Musiker? Wenn ja, dann sollte die Person es wissen!

Das mit dem Komplimente Machen gilt auch für uns selbst: Wenn man sich an einem Tag besonders gut gefällt, sollte man auch zu sich selbst sagen: Du bist schön! Und wenn wir uns mal nicht besonders schön finden, ist das kein Grund, uns selbst abzuwerten und herunterzuziehen. Also lasst uns mit dem Body Shaming aufhören und mit Bodypositvity beginnen. Egal, ob bei uns selbst oder bei anderen!

1 Comment

  • Waltraut sagt:

    Das Phänomen andere wegen ihres Aussehens zu kritisieren oder gar zu beleidigen gibt es auch in Deutschland. Ich bin nun schon seit 53 Jahren auf der Welt und lebe in München. Schon als Kind, also vor gut 50 Jahren, gab es andere Kinder im Kindergarten oder in der Schule, die mir grundsätzlich meine allerneueste und hochmoderne Kleidung vermiest haben. Das war der pure Neid und meine Mutter ist fast verzweifelt daran, weil ich mir diese “Abwertung” und Miesmache von den anderen Kindern sehr zu Herzen genommen habe und die wirklich schöne und stets sehr moderne Kleidung nicht mehr angezogen habe. Noch vor ein paar Jahren wurden Jugendliche gehänselt, die nicht uniformmässig die gleichen Klamotten wie die anderen trugen. Jetzt hat sich der “Miesmachertrend” eben gewandelt und man beleidigt andere wegen ihrem Aussehen bzw. Körper. Besonders pervers kommt natürlich dazu, dass heute mit den neuen Kommunikationsmitteln Fotos veröffentlicht werden. Ich selbst habe übrigens vor kurzem in der S-Bahn einer jungen Frau von hinten über die Schulter geschaut und mitgelesen was sie so auf ihrem smartphone für Mist schreibt und andere sendet. Auch sie machte (unbemerkt) von einer älteren Frau, die ihr gegenüber sass ein Foto und verschickte es mit beleidigenden Bemerkungen über das Aussehen dieser Frau an Freunde und soziale Medien. Wütend reagierte ich sofort, stellte mich mit meiner Handykamera vor die Frau und machte ebenfalls ein Bild von ihr mit der Bemerkung, dass ich nun das gleiche machen werde wie sie. Die junge Frau stellte sich natürlich dumm und tat unschuldig. Dennoch packte sie ihre Sachen und stieg an der nächsten Haltestelle aus. Nach meiner Meinung brauchen wir einfach nur etwas mehr Zivilcourage und Menschen, die sich öffentlich gegen solche krankhaften Beleidigungen wehren.

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